25. Bericht - 1. - 2.12. - Vorm Grenzübergang ein kleines Problem


Grenzübergang Kerala - Tamil Nadu
Es heißt, dass man bei der Einreise nach Kerala eine Bestätigung der zweifachen Impfung vorzeigen müsse - habe ich nicht. Wie ein Schmuggler gucke ich bei Google Maps, wo es kleine Nebenwege mit Grenzübergängen gibt, die hoffentlich nicht kontrolliert werden.

Es ist riskant, denn in dieser Berggegend gibt es ein Tigerreservat.

Bis zum Abend komme ich gut voran. Bei der Suche nach einem Schlafplatz gerate ich wieder an Frauen, die mir durch laute, kräftige Stimme signalisieren, dass ich mich schnell vom Acker machen solle.

Ich habe für heute keine Lust mehr zum Fragen nach einem geschützten Schlafplatz. Aber etwas Überdachtes muss doch sein, da die Regenzeit noch nicht zu Ende ist.

Als es fast dunkel ist, taucht die Einfahrt zu einem Grundstück auf, an dessen Ende ein Haus mit Vordach steht. Ich gehe hin, gucke und rufe, ob jemand da ist. Ein Auto und Moped stehen da, aber das Gebäude scheint nicht bewohnt zu sein. Ich warte noch eine halbe Stunde. Da niemand kommt, bereite ich im Licht der Taschenlampe das Schlaflager vor.

Kurz nach dem Einschlafen werde ich unsanft geweckt. Ich kann mich mit dem Mann nicht verständigen, der mir mit einer starken Lampe ins Gesicht leuchtet. Klar ist, dass er mich hier weghaben will. Immerhin ahnt er, dass ich kein schlechter Mensch bin und signalisiert, vorne an der Straßenkreuzung in dem kleinen Tempel schlafen zu können. - Ok.

Der Platz dort ist hell und laut, weil die Tempelbeleuchtung die ganze Nacht an ist und immer wieder Fahrzeuge durchfahren. Später kommt der Mann mit einem Jüngeren zurück, der Englisch kann. Sie möchten Näheres wissen und ein Foto von meinem Pass machen. Etwas besänftigt verabschieden sie sich. 

Am nächsten Morgen kommt der Mann wieder; ich habe gerade mein Gepäck zusammengeschnürt. Andere kommen hinzu und die sorgenvolle Stimmung untereinander wächst. Einer, der eine Armmanschette trägt, kann Englisch, aber keiner will verstehen, dass ich die ruhigeren Naturwege bevorzuge und nicht auf der lauten Hauptstraße nach Kerala gehen will. Den abzweigenden Weg gleich hier hinter der Kurve, den Google maps ausweist, soll es ihrer Meinung nach nicht geben.

Als ich zum Wasserlassen hinter diese Kurve gehe, finde ich genau den gesuchten Weg vor: Ein schöner, ruhiger Naturpfad. 

Einige Männer werden laut und verneinen, als ich ihnen davon berichte. Einer will unbedingt, dass ich auf sein Moped steige, damit er mich ein paar Dörfer weiter zur Hauptstraße bringen kann. Weil ich das nicht will, ruft der mit der Armmanschette die Polizei an.

Ich habe aber keine Lust zum Diskutieren und Warten mehr, sondern schultere mein Gepäck und laufe los. Nicht den schönen Naturpfad, sondern die Straße, um die Gemüter zu beruhigen. - Am nächsten Haus frage ich nach frischem Wasser; eine freundliche Frau gibt zwei Bananen dazu.

Auf der Straße hält nochmal der Mann mit der Armmanschette an. Ich habe eine versöhnende Idee: Aus dem Gepäck hole ich ein Döschen mit guter Heilsalbe für seinen Arm. 

Als ich sie ihm freundlich hinreiche, hält ein Polizist auf seinem Motorrad an. Er wurde angerufen und guckt uns an und fragt, was los sei. Ich versuche, die Situation so einfach wie möglich zu erklären.

Für den Polizisten scheint damit alles in Ordnung. Er bietet an, mich ein Stück mitzunehmen, akzeptiert aber, dass ich lieber gehe.

Der Manschettenträger macht sich ohne weitere Worte auch wieder auf den Weg. Sein Gesicht wirkt traurig. Später tut er mir etwas Leid, auch die Anderen. Mögen sie hinter dem Misstrauen inneren Frieden in sich erfahren.


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