28. Bericht - 2. - 7.12. - Erste Tage in Kerala - HIER & JETZT

Kerala präsentiert sich landschaftlich sehr schön. Ich gehe auf malerischen Straßen. Viele winden sich durch kleine Palmenwälder und durch schön angelegte Reisfelder. Dem Auge werden abwechslungsreiche Blicke geboten.

Der Monsun naht sich seinem Ende - es regnet kaum noch. An einem großartigen Felsensee riskiere ich es, eine Nacht ohne Überdachung zu verbringen. Nach paar Stunden beginnt es prompt zu regnen. Die Taschen werden unter dem großen Regenschirm geschützt; selber wickle ich mich samt Liegematten in eine große Plastikfolie ein.

Am nächsten Morgen scheint die Sonne. Vereinzelte Männer kommen an den See, springen ins Wasser, seifen sich am Ufer ein, springen wieder ins Wasser. 

Es gibt viele Teiche und Gewässer hier. Täglich sieht man dort Leute Wäsche waschen oder sich einseifen. Für paar Minuten erfrische ich mich jeweils auch.

Noch einmal regnet es kurz in einer Nacht - wieder muss ich mich mit meinen Sachen unter ein Tempeldach flüchten. Die übrigen Nächte bleiben trocken. Es ist nun einfacher, irgendwo einen Schlafplatz zu finden. Der Nachteil dieser Unabhängigkeit ist, dass man weniger mit Menschen in Kontakt kommt.

Ich bin überrascht, so viele Moscheen am Straßenrand zu sehen. Kirchen sind nicht so oft erkennen. Hinduistische Tempel fallen mir zunächst gar nicht auf. Erst später verstehe ich, dass die Tempel hier nicht so farbig gestaltet sind wie in anderen Regionen Indiens.

Auch hier werde ich oft nach meiner Herkunft angesprochen. An einem Tag halten 2 junge Männer auf ihren Mopeds neben mir an. Es beginnt der gewohnte Gesprächsablauf: Name, Herkunft, ... - Aber obwohl die beiden noch sehr jung sind, spüre ich etwas Ernstes in ihnen. Einer ist Muslim, der andere Hindu. Zumindest einem scheint der tradierte Glaube nicht ausreichend Erfüllung zu geben. Sie sind offen für neue, tiefere Glaubenserfahrungen. 

Das Gehen wird meditativer. Es geschieht manchmal von alleine, in der Gehbewegung achtsam auf die Bewegungen und Geräusche innen und außen zu sein. Die Konzentration nimmt langsam zu, so dass es leichter wird, sich dem erfüllenden HIER & JETZT anzunähern. 

Ein Buch begleitet mich seit Beginn dieses Pilgerweges: ECKHART TOLLE - "LEBEN im JETZT". - In klarer Weise drückt er innere Leiderfahrungen aus, benennt die klassischen Fallen unseres Egos und überzeugt mit funktionierenden Praxisanleitungen. 

Klar ist mir durch ihn auch geworden, dass unser ständiges Denken das vermutlich größte Problem auf dem Weg der Entdeckung der eigenen inneren Wirklichkeit ist. Das Denken scheint vor dem gegenwärtigen Moment zu flüchten. Das Denken leitet uns unablässig in Vergangenheitsbewältigungen oder Zukunftsplanungen. Anstatt das tiefere Selbst zu erfahren, macht uns das Denken zu einem launischen Spielball unserer antrainierten Oberflächlichkeiten.




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