62. Bericht - Erfahrungen mit Tieren
Ganz am Anfang der Reise wurde ich in
einem Tempel mehrere Nächte nacheinander von einem SCOLOPENDRA, eine Art Raupe,
gebissen. Der Priester im Tempel meinte, ich solle drum beten, um die Bedeutung
dieser Attacke zu verstehen. – Hm. Ich hatte mir vorgenommen, respektvoller mit
Tieren umzugehen. Gerade mit ungeliebten.
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Ab dem mittleren Teil Indien sieht
man mehr Büffel. Sie gefallen mir, weil sie ihren Kopf selbstbewusst tragen,
fast ein bisschen angriffslustig. Ihre Milch ist fettiger, nahrhafter. - Kühe
sind für die Hindus heilig und in ländlichen Gegenden sieht man sie auf jeder
Straße, auf vielen Feldern, vor den Häusern, manchmal strecken sie ihren Kopf
auch in Türen hinein. Ich entdecke immer mehr, wie gut mir die Ruhe und der
Frieden der Kühe tut. Man könnte sagen, dass ihre Ausstrahlung therapeutisch
auf mich wirkt.
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Ich stelle fest, dass ich draußen im
Freien am Besten schlafen kann. Aber manchmal sind da zuviele Insekten. Einmal
hatte ich meine Liegematten ausgerollt und war fertig zum Schlafen. Aber plötzlich
sind da viele kleine Käfer um meinen Schlafplatz. Niedliche Käfer, aber sie
krabbeln über mein Kopfkissen. – Ich spüre Abneigung. Leider!? - Später, als
vorm Tempel die Lichter abgeschaltet werden, wird es besser.
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Einmal, an einem friedvollen Tempel
im Wald, wache ich mehrere Male auf, weil es auf meinem Nachtlager raschelt.
Ich schalte das Licht an – und sehe nichts. Aber es raschelt weiter. Dann entdecke
ich sie: Frösche! Ihhhhh ... – Ich ziehe eine Plastiktüte über meine Hand, packe
sie und werfe sie soweit wie möglich in den Wald hinein. – Am nächsten Morgen
waren meine Sandalen verschwunden. War das die Rache der Frösche?
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Für mehrere Tage konnte ich in einem
Gopala-Krishna-Ashram verbringen. Das Gästehaus war komplett aus Kuhdung
gebaut: Eine wunderbare schöne, gesunde Atmosphäre herrschte in den Zimmern. –
Bei den Kühen sollte ich etwas aufpassen, weil manche sehr eigenwillig sein
sollen. Diese Warnung löste aber etwas Angstgefühle in mir aus – ich war nicht
mehr ganz entspannt!
Ich denke, dass wir sehr vorsichtig
mit Warnungen umgehen müssen, weil die meisten Warnungen meist übertriebene
Sorge auslösen, manchmal sogar total unangebrachte Ängste entstehen lassen.
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Was dann trotzdem nicht nett in
diesem Krishna-Ashram war: Der Hund hatte meine Trinkwasserflasche zerbissen.
Warum denn das? – Hm. Sie war ja schon alt und innen bildeten sich manchmal
grüne Ablagerungen. War der Hund am Ende ein Werkzeug, dass ich mir eine neue
Flasche kaufen sollte? – Könnte sein.
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Jener friedliche Hund, der mich an
der Grenze von Maharashtra nach Gujarat ohne Vorwarnung ins Bein gebissen hat
... komisch. Warum das? Vielleicht war es ein innerer Test, ob ich verärgert
oder verängstigt oder entspannt dabei bleibe. – Ich war jedenfalls ruhig
geblieben und schaute den schuldbewusst guckenden Hund nur fragend an.
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Vor einigen Tagen kribbelte nachts
zweimal etwas an mir. Mit der Taschenlampe entdeckte ich den Liebhaber auf der
Flucht: Eine Maus war mir eben über die Schulter gelaufen. Ich war froh in mir
zu bemerken, dass das eigentlich gar nicht so schlimm war und schlief gut
weiter.
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Trotz dieser kleinen Erfolge im
Umgang mit Tieren fällt es mir nicht leicht, meine Berührungsängste mit ihnen
zu überwinden. Im Kopf bin ich zart überzeugt, dass alle Tiere auf ihre Weise
reinlich sind und mein Ekel lediglich das Produkt der Erziehung ist. – Ich will
lernen, Tiere, auch Insekten, entspannt anfassen zu können. Zumindest will ich
sie friedlich auf meinem Körper sitzen lassen können. Gestern ließ ich meine
Hand von einer jungen Kuh ablecken. Es war schön. Innerlich fühlte ich mich
auch gut.
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Die gute Energie in einem selber überträgt sich nicht nur auf andere Menschen, auch auf Tiere. – In Gujarat und auch hier in Rajasthan gibt es wie in ganz Indien viele Hunde. Aber hier kläffen sie sehr selten – die meisten bleiben einfach entspannt, wenn ich an ihnen vorüber gehe. – Warum? Ich habe zwei Anworten dafür. Entweder sind die Leute hier friedlicher und übertragen dies auf die Tiere, oder ich bin innerlich ruhiger geworden und die Tiere spüren das. So oder so: Unser Inneres hat einen großen Einfluss, wie die Umwelt auf uns reagiert.
In manchen Gegenden wurde ich vor Tigern gewarnt und man erlaubte nicht, dass ich durch diese Gegenden ginge. Ich spüre ehrlich, dass meine Angst vor der Begegnung mit einem freilaufenden Tiger gering geworden ist. Falls er grade richtigen Hunger hat oder sich von mir bedroht fühlt, dann mag es sein, dass er mich zerfleischt. Falls das nicht der Fall ist und ich ihn aber (ich bitte Gott um Gnade) wohlwollend-staunend ansehe und in meinem Inneren eine freundliche Freude für die Begegnung empfinde, ruhig bleibe und friedlich lächle – warum, warum bitte soll ein Tiger mich dann angreifen? Das Problem ist meist unsere Angst oder die Profitgier, aber nicht das Tier.
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