Wandertipps in Indien

Erfahrungen eines erfahrenen Indien-Wanderers


Rudy kennenzulernen ist ein Glücksfall für mich. Er ist Schweizer, lebt aber schon lange mit seiner Familie in Indien. Er hat in Tamil Nadu schon viele lange Wanderstrecken zurückgelegt und ist mit den Herausforderungen des Wegenetzes, aber auch mit der Hilfsbereitschaft der Menschen, sehr vertraut. Hier sind einige seiner interessantesten Erfahrungen zusammengefasst, für die ich dankbar bin und die auch für Andere nützlich sein können:

 

  • Riskante Wege! - Man weiß in Indien oft nicht, ob Feld- oder Fußwege am anderen Ende auf eine Straße führen. Es passiert öfters, dass es mitten im Gelände nicht mehr weiter geht. Seine Empfehlung ist, dann den ganzen Weg wieder zurückzugehen - und keine neuen Wege-Wagnisse einzugehen. Wenn er aber z.B. mit Hilfe eines Navis weiß, dass in kurzer Entfernung wieder ein guter Weg weiterführt, dann investiert er auch mal mehr als eine Stunde, um sich durch paar hundert Meter steiles Gestrüpp durchzuschlagen.

 

  • Trinken! - Das Wichtigste, was man als Ausrüstung dabeihaben sollte, ist genug Wasser. In den Ebenen ist es oft sehr heiß und man weiß nicht, wo und wann trinkbares Wasser zu finden ist. Aus einer Quelle zu trinken würde er nur, wenn es sicher ist, dass oberhalb keine menschliche Besiedlung ist. Wie Einheimische aus einem Wasserhahn zu trinken ist allerdings möglich, wenn man sich behutsam an die lokalen Keimkulturen gewöhnt hat – indem man z.B. anfänglich etwas Leitungswasser mit gefiltertem Wasser vermischt und nur zum Zähneputzen nutzt; behutsam wird die Leitungswasserdosis dann erhöht.

 

  • Immer höflich! - Rudy ist eher ein zurückhaltender Mensch. Darum verwundert er mich positiv, weil er beim Gehen jeden grüßt, der seinen Weg säumt oder ihm entgegenkommt. Er erklärt, es seien nicht nur schöne Gesten, sondern auch nützlich: Wenn es einmal irgendwo mit Offiziellen zu einer bedrängenden Situation kommen sollte, würde sich immer jemand an ihn erinnern und dafür einstehen, dass er „in Ordnung“ sei.

 

  • Ritual! - Es kommt auch öfters zu einem kurzen Wortwechsel mit diesen Leuten, die für Europäer ungewohnt sind. Eine wichtige Standartfrage ist: "Saptingla?" -„Hast du schon gegessen?“ – Rudy versichert, dass diese Frage ernst gemeint ist. Und wenn man mit „Nein“ antworten würde, würden einen die Leute selbstverständlich einladen und sich um einen kümmern. Rudy stiftet eine große Zuversicht in mir als er sagt, dass man als Wanderer fast immer von Einheimischen angesprochen und eingeladen würde. Allerdings gilt das eher für Leute auf dem Land und weniger in einer Stadt.

 

  • Zaubern! - Bei einem Punkt ist er aber skeptisch und ich deute seine Hinweise als Warnung. Es geht um die Idee, als Dank für die Gastfreundschaft der Leute eine Zauberei oder einen Liedvortrag oder sonst etwas anzubieten. Die einfachen-normalen  Leute würden dadurch irritiert werden und könnten verunsichert sein, was ich mit diesen Dingen bezwecken möchte.

 

  • Auf welcher Seite gehen? - In Indien herrscht Linksverkehr. So dachte ich, dass wir beim Gehen auf der Straße auf der rechten Seite gehen sollten, damit uns der entgegenkommende Verkehr besser sehen kann. – Davon rät Rudy aus zweifachem Grund ab: Erstens würde das den entgegenkommenden Verkehr irritieren, weil es ungewohnt ist. Zweitens: In Indien ist es ungeschriebenes Gesetz, dass man im Verkehr nicht nach hinten guckt, dafür voll verantwortlich dafür ist, was vor einem geschieht. Der, der von hinten kommt, muss aufpassen.

 

  • Hunde! - Ein hilfreiches Wort beim  Annähern eines Hundes ist die niedlich gesprochene Wendung „Nai Kutty!“ Das bedeutet ungefähr „Kleiner Hund!“ – Kutty könnte vom Englischen „cute“ abgeleitet sein.

 

  • Einladung zum Essen! - Eine Regel, wenn man irgendwo zu Hause eingeladen ist: Es ist üblich, dass zuerst die Männer essen und die Frauen währenddessen die Speisen servieren. Als Westler wäre es unhöflich, als Gast diese Regel durchbrechen zu wollen.

 

Ergänzende Erfahrungen auf dem weiteren Weg

  • Polizei! - In Deutschland heißt es: "Polizei, dein Freund und Helfer!" Tatsächlich habe ich in Deutschland immer ein besorgtes, unangenehmes Gefühl, wenn mich ein Polizist anspricht. - Auf meinen Wegen in Indien erlebe ich die Polizei wirklich freundschaftlich: Weniger kontrollierend wie in Deutschland, sondern mehr hilfsbereit. Einmal brachte mir ein Polizist sogar ein kleines Frühstück.- In bestimmten Gegenden und zu bestimmten Zeiten (z.B. vor Festen) gibt es aber Verkehrspolizisten, die hohe Strafgelder für Kleinigkeiten fordern.

 

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