48. Bericht - Sandalen

 

Das erste Paar Sandalen


In diesen billigen Sandalen konnte ich nie bequem reinschlupfen. Links blockierte oft der Steg zwischen den großen Zehen. Aber die Füße gewöhnten sich daran und ich wurde dankbar für sie.  Zweimal ging ich mit ihnen für 10 Rupien (ca. 12 Cent) zum Schuster und sie taugen immer noch.

 

Kurz vor Shravabelagola reißt zum dritten Mal ein Riemen. Man könnte es nochmal repaireren, aber da man an diesem jainischen Pilgerort Shravanabelagola sowieso barfuß geht, nehme ich Abschied. An einer Gedenksätte reinige ich sie so gut es geht, danke und segne sie und lasse sie dort stehen.  


Nach zwei Tagen, auf der anderen Seite des Pilgerortes, schlüpfe ich in die neuen Sandalen. Eine halbe Woche lang kann ich gut darin gehen, plötzlich ist die Haut an beiden Füßen unter dem mittleren Riemen abgeschürft. Es schmerzt. Ich probiere wieder barfuß; aber im offenen Gelände ist es manchmal sehr steinig oder es liegen Dornenzweige auf dem Weg. Ich stopfe etwas Watte unter die kritschen Stellen in den Sandalen, aber es wird nur noch schlimmer. Da fällt mir ein, dass ich superleichte Saunaschlappen im Rucksack habe. Schon vergessen und bisher ungenutzt, sind sie jetzt die Lösung. Ich polstere die wunden Stellen nochmals und gehe langsam.

 

Einen halben Monat nutze ich sie. Als die wunden Stellen nach einem halben Monat einigermaßen verheilt sind, ziehe ich beim Reinigen der Schlappen zwei Nägel und mehrere Dornen aus der Sohle.

 

Die neuen Sandalen funktionieren nun besser.  Aber nicht lange. An einer schönen Wallfahrtsstätte in Koppal sind sie plötzlich verschwunden. Ich gucke hinter dem Mäuerchen und - da hat sie wohl jemand einfach runtergeworfen. - Aber als ich sie einsammle, stelle ich fest, dass es gar nicht meine sind. Sie sind zwei Nummern zu klein und außerdem sind die Sohlen durchgebrochen.

 

Nun ist es also doch passiert: So oft habe ich auf diesem Weg mein Gepäck unbeaufsichtigt gelassen und riskiert, dass sogar die Wertsachen gestohlen werden. Und grade jetzt, als die neuen Sandalen bequem wurden, hat sie wohl jemand einkassiert. 


Ein netter junger Tempeldiener motiviert mich, einfach die Gefundenen anzuziehen. Naja, sie sind mir zwei Nummern zu klein und die Sohlen sind durchgebrochen. Da der junge Helfer mir in der Essenshalle eine Abendmahlzeit anbietet und sich auch um ein Schlaflager kümmern will, eiere ich ihm kleinschrittig zur Rezeption hinterher.

 

Dort muss ich mich erklären, wer - woher - warum - ... Plötzlich spüre ich eine große Zuversicht. Am Ende erzähle ich dem Gegenüber, dass zuvor meine Sandalen verschwunden sind und ich ahne, dass das für irgendetwas gut sein wird.

 

Am nächsten Morgen, beim Verlassen des Tempelbezirkes, sehe ich den Swamji dieses Tempels, Man hatte mir gesagt, dass es ein bedeutsamer Mann sei. Nun sehe ich, wie eine Schlange Leute vor ihm steht und der Reihe nach deren Anliegen vor ihn gebracht werden. Ich beobachte entspannt und doch aufmerksam, wie sich so ein "heiliger Mann" verhält. 

 

Da schweift sein Blick an mir vorbei. Er fixiert mich und winkt mich zu sich. Ich weigere mich. Erst als einige seiner Assistenten mich deutlich auffordern, gehe ich hin. Ich soll mich auf den freien Stuhl neben ihn setzen.

 

Eine Mutter ist mit ihrem Söhnchen vor ihn getreten. Der Junge hat einen schwachen linken Arm. Der Swamji hört der Mutter zu und gibt am Ende einige Hinweise, die ein Helfer notiert. Anscheinend ist es ein Rezept. Später erfahre ich, dass an diesem Tempel viel Gutes für Bedürftige getan wird. Später, in verschiedenen Geschäften, entdecke ich das Bild des Swamjis. Die Leute reden gut über ihn.

 

An diesem Morgen aber, als die Mutter des lahmen Jungen Worte und das Rezept vom Swamji bekommen hatte, wendet er sich mir zu. Er fragt die üblichen Fragen. Seine Ausstrahlung ist für mich eher unauffällig. Stattdessen bin ich froh, dass ich mich selber besser unter Kontrolle habe, ihn ruhig wahrnehme und nicht soviel quatsche.

 

Am Ende gibt ihm einer der Assistenten einen Hinweis. Er steht auf und fordert mich auf mitzugehen. Im gegenüberliegenden Haus übergibt er mir ein paar Luxussandalen.

 

Sri Gavi Siddeshwar Swamiji bei einer Festlichkeit in Kollar






Kommentare

  1. Der Weg gibt Dir nicht, was Du möchtest. Aber er gibt Dir, was Du brauchst.
    Alte Pilgerweisheit

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  2. Der Weg gibt Dir nicht, was Du möchtest. Aber er gibt Dir, was Du brauchst.

    Das ist ein wirklich erhellender, beruhigender und weiser Satz für das Leben als Pilger- und Lehrreise.

    Danke für diese Sentenz!

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