In diesen billigen Sandalen konnte ich nie
bequem reinschlupfen. Links blockierte oft der Steg zwischen den großen Zehen. Aber
die Füße gewöhnten sich daran und ich wurde dankbar für sie. Zweimal ging ich mit ihnen für 10 Rupien (ca. 12 Cent) zum Schuster und sie taugen immer noch.
Kurz vor Shravabelagola reißt zum dritten Mal
ein Riemen. Man könnte es nochmal repaireren, aber da man an diesem jainischen Pilgerort Shravanabelagola sowieso barfuß geht, nehme ich Abschied. An einer Gedenksätte reinige ich sie so gut es geht, danke und segne sie und lasse sie dort stehen.
Nach zwei Tagen, auf der anderen Seite des
Pilgerortes, schlüpfe ich in die neuen Sandalen. Eine halbe Woche lang kann ich
gut darin gehen, plötzlich ist die Haut an beiden Füßen unter dem
mittleren Riemen abgeschürft. Es schmerzt. Ich probiere wieder barfuß; aber im
offenen Gelände ist es manchmal sehr steinig oder es liegen Dornenzweige
auf dem Weg. Ich stopfe etwas Watte unter die kritschen Stellen in den Sandalen, aber es wird nur noch schlimmer. Da fällt mir ein,
dass ich superleichte Saunaschlappen im Rucksack habe. Schon vergessen und bisher ungenutzt, sind sie jetzt die Lösung. Ich polstere die wunden
Stellen nochmals und gehe langsam.
Einen halben Monat nutze ich sie. Als die wunden Stellen nach einem halben Monat einigermaßen verheilt sind, ziehe ich beim Reinigen der Schlappen zwei Nägel und mehrere Dornen aus der Sohle.
Die neuen Sandalen funktionieren nun besser. Aber nicht lange. An einer schönen Wallfahrtsstätte in Koppal sind sie
plötzlich verschwunden. Ich gucke hinter dem Mäuerchen und - da hat sie wohl
jemand einfach runtergeworfen. - Aber als ich sie einsammle, stelle ich fest,
dass es gar nicht meine sind. Sie sind zwei Nummern zu klein und außerdem sind die Sohlen durchgebrochen.
Nun ist es also doch
passiert: So oft habe ich auf diesem Weg mein Gepäck unbeaufsichtigt gelassen
und riskiert, dass sogar die Wertsachen gestohlen werden. Und grade jetzt, als die
neuen Sandalen bequem wurden, hat sie wohl jemand einkassiert.
Ein netter junger Tempeldiener motiviert mich, einfach die Gefundenen anzuziehen. Naja, sie sind mir zwei Nummern zu klein und die Sohlen sind durchgebrochen. Da der junge Helfer mir in der Essenshalle eine
Abendmahlzeit anbietet und sich auch um ein Schlaflager kümmern will, eiere ich
ihm kleinschrittig zur Rezeption hinterher.
Dort muss ich mich erklären, wer - woher -
warum - ... Plötzlich spüre ich eine große Zuversicht. Am Ende erzähle ich dem
Gegenüber, dass zuvor meine Sandalen verschwunden sind und ich ahne, dass das
für irgendetwas gut sein wird.
Am nächsten Morgen, beim Verlassen des
Tempelbezirkes, sehe ich den Swamji dieses Tempels, Man hatte mir gesagt, dass es ein bedeutsamer Mann sei. Nun sehe ich, wie eine Schlange Leute
vor ihm steht und der Reihe nach deren Anliegen vor ihn gebracht werden. Ich
beobachte entspannt und doch aufmerksam, wie sich so ein "heiliger
Mann" verhält.
Da schweift sein Blick an mir vorbei.
Er fixiert mich und winkt mich zu sich. Ich weigere mich. Erst als einige
seiner Assistenten mich deutlich auffordern, gehe ich hin. Ich soll mich auf
den freien Stuhl neben ihn setzen.
Eine Mutter ist mit ihrem Söhnchen vor ihn getreten. Der Junge hat einen schwachen linken Arm. Der Swamji hört der Mutter zu
und gibt am Ende einige Hinweise, die ein Helfer notiert. Anscheinend ist es
ein Rezept. Später erfahre ich, dass an diesem Tempel viel Gutes für Bedürftige getan wird. Später, in verschiedenen Geschäften, entdecke ich das Bild des Swamjis. Die Leute
reden gut über ihn.
An diesem Morgen aber, als die Mutter des lahmen
Jungen Worte und das Rezept vom Swamji bekommen hatte, wendet er sich mir zu. Er fragt
die üblichen Fragen. Seine Ausstrahlung ist für mich eher unauffällig. Stattdessen bin ich froh, dass ich mich selber besser unter Kontrolle habe, ihn ruhig wahrnehme und nicht
soviel quatsche.
Am Ende gibt ihm einer der Assistenten einen
Hinweis. Er steht auf und fordert mich auf mitzugehen. Im
gegenüberliegenden Haus übergibt er mir ein paar Luxussandalen.
Sri Gavi Siddeshwar Swamiji bei einer Festlichkeit in Kollar
Der Weg gibt Dir nicht, was Du möchtest. Aber er gibt Dir, was Du brauchst.
AntwortenLöschenAlte Pilgerweisheit
Der Weg gibt Dir nicht, was Du möchtest. Aber er gibt Dir, was Du brauchst.
AntwortenLöschenDas ist ein wirklich erhellender, beruhigender und weiser Satz für das Leben als Pilger- und Lehrreise.
Danke für diese Sentenz!