51. Bericht - Aggressionen 1

 




Vijayapura im Norden Karnatakas. Auf Fotos sieht Gol Gumbaz  bescheiden aus, Aber nun erkennt man die gigantischen Ausmaße des Mausoleums des muslimischen Herrschers Adil Shah I.

Ich stehe vorm Ticket-Schalter und sehe, dass auch hier die Eintrittspreise für Ausländer 12x höher sind als für Inder. Das ist auf meinem Pilgerweg schon oft vorgekommen. Und ich finde das unfair, weil ...

-          ... weil in Deutschland für Ausländer die gleichen Eintrittspreise wie für Einheimische gelten (manchmal gibt es sogar Ermäßigungen)

-          ... weil ich während meiner Lehrtätigkeit am Goethe-Institut Bangalore genau das gleiche Stundenhonorar bekommen hatte wie die Einheimischen und damals schon oft mehr bezahlten musste, aber nie mehr bekam

-          ... weil ich 12x teurer einfach übertrieben gewinnorientiert finde

-          ... weil 300 Rupien anstatt 25 Rupien eindeutig zu hoch für mein Pilger-Budget ist.

Auf dem Pilgerweg stand ich schon mehrere Mal an solch einem Ticketschalter und meine Argumente waren nutzlos. Darum greife ich zu einer List. In der Warteschlange ist nämlich jemand bereit, das Ticket für mich mitzukaufen. Das klappt auch und ich bin sogar etwas großzügig und bezahle meinem Helfer etwas mehr dafür.

Mit dem unrechtmäßigen Ticket gehe ich rüber zum Eingangstor. In meinem Bauch sind gewisse Verspannungen zu spüren. Das ist gut, obwohl es merkwürdig klingt: „Ich spüre gut, dass es mir nicht gut geht, und das ist ein gutes Zeichen!“ - Nur wenn ich achtsam auf mein Inneres bin, kann ich alte Knoten in mir lösen und mich vor neuen schützen.

Die Ticketkontrolleure arbeiten schnell und ich sehe, dass sie bei meinen Vorderleuten nicht so genau hingucken. Gut, Einer reißt dann mein Ticket durch und sieht sofort, dass da etwas nicht stimmt. MIST. Er bespricht sich kurz mit seinem Kollegen und deckt meinen Betrugsversuch auf. Peinlich. Ich argumentiere mit erbärmlichen Gründen, die für sie völlig unbedeutend sind. Der Oberaufseher kommt hinzu und spricht Klartext. Ich weiß nicht mehr, was ich daherrede, jedenfalls nimmt er mich mit ins Büro und präsentiert mich meine Situation dem Manager. Auch er redet Klartext. Auch ihm jammere ich die Ohren mit meiner subjektiv empfundenen Ungerechtigkeit voll. Irgendwas an meinem insistierten Frust scheint ihm plötzlich zu viel. Er erlaubt plötzlich mit einem ignorant-abweisenden Ton, dass ich in die Gedenkstätte reinkönne. Sein schmerzliches Gesicht rüttelt mich etwas wach und ich sehe ihn ehrlich an: „Ich gehe nur rein, wenn er es mit einem positiven Gefühl erlaubt!“ - Da leuchtet sein Gesicht auf: „Dann können Sie sogar gratis reingehen!“ 

Auf dem erneuten Weg zum Eingangstor fühlt sich mein Bauch wohler an. Die Kontrollen lassen mich nun durch. Aber es werden noch andere Schmerzen kommen.

Über die eigenartig-edle Haltung des Managers werde ich später nachdenken.

 

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